Ich denke jeder von uns kennt sie – die eigene innere Stimme, mit welcher wir in verschiedensten Situationen unzählige Dialoge führen. Und das den ganzen Tag über. Nur ist dir schon mal aufgefallen, dass diese Stimme vor allem in Situationen laut wird, die herausfordernd oder auch unangenehm für uns sind? Solltest du bereits in der Lage sein deinen inneren Dialog lösungsorientiert und bestärkend führen zu können: Wunderbar! Bei mir waren diese Dialoge aber oftmals eher niederschmetternd und haben dazu geführt, dass ich mich selbst limitierte – ja fast schon lähmte in meinen eigenen Handlungen. Da sich die Tatsache, dass ich mich selbst in einer herausfordernden Situation auch noch selbst limitierte sehr paradox angefühlt hat, habe ich mich auf die Suche nach den Ursachen gemacht. Außerdem konnte ich es nicht verstehen, wieso ich selbst nicht mein größter Supporter bin, sondern mich ganz im Gegenteil ständig klein rede.
Wenn es dir ähnlich geht, dann habe ich hier ein paar Hintergrundinformationen und Tipps, wie du dank deines inneren Dialogs in Zukunft nicht mehr limitiert wirst – sondern dein volles Potenzial entfalten kannst.
Was steckt hinter den inneren Stimmen?
In einem riesigen Buchladen in Amsterdam habe ich ein Buch gefunden was mir dabei geholfen hat, die Innere Stimme und Vorgänge zu verstehen: “Chatter” von Ethan Kross. Ethan Kross schreibt in seinem Buch, dass es so normal sei wie zu Atmen, dass wir uns von der Gegenwart entkoppeln und in unsere eigene Welt wegdriften. Dabei driften wir weg in die Vergangenheit oder auch in vermeintliche Zukunftsszenarien, welche wir fiktiv durchleben. Wir werden also quasi zu Zeitreisenden. Und wenn wir in diese Parallelwelt wegdriften fangen wir an, mit uns selbst zu sprechen. So weit, so gut! Mit sich selbst in einen Dialog zu gehen ist also normal – und hat durchaus positive Implikationen. Wir verarbeiten damit Erfahrungen, die wir gemacht haben, schmieden Pläne oder bereiten uns auf zukünftige Herausforderungen vor. Man kann es sich also quasi wie einen Dialog mit einem Freund vorstellen. Geprägt wird unser innerer Dialog und wie wir mit unseren Emotionen umgehen übrigens schon von Klein auf – schwerpunktmäßig durch unsere Eltern bzw. Bezugspersonen. Hier übernehmen wir Denkweisen in unseren inneren Dialog, die uns gegenüber wiederholt werden – wie “Gib niemals nach einer Enttäuschung auf”. Natürlich spielen hier auch kulturelle Wertesysteme eine wesentliche Rolle.
Die Macht unserer inneren Stimme
Welche Macht unser innerer Dialog auf uns und unsere Gesundheit hat, wurde auch bei Olympia 2021 deutlich. Simon Biles, erfolgreichste Turnierin der USA, sagte mehrere Wettkämpfe aufgrund ihrer mentalen Gesundheit ab – und sprach sogar von einem Kampf mit Dämonen, den sie vor dem Wettkampf austragen musste. (Mehr Infos hier). Ob es nur an den inneren Stimmen lag sei dahingestellt. Es macht aber deutlich, welche Macht ihr zukommen kann. Denn sie kann uns uns sabotieren. Übrigens nicht nur im Profisport, wo anzunehmen ist, dass ein hoher Druck auf den Athleten lastet.
Problematisch wird der innere Dialog also dann, wenn wir anfangen, Situationen zu überdenken und immer wieder durchzuspielen. Dann kann es nämlich dazu kommen, dass wir uns in einer gedanklichen abwärts gerichteten Negativspirale wiederfinden, in der wir uns selbst fertig machen. Wir erschaffen uns quasi eine eigene, negativ gefärbte Realität. Unsere Gedanken werden also durch negative Gedanken beeinflusst, wodurch negative Emotionen in uns aufkommen. Das alles kann dazu führen, dass unsere Gesundheit, unsere Zuversicht, unseren Job, aber auch unsere sozialen Beziehungen gefährdet werden. Nach Ethan Kross führen negative Gedanken dazu, dass wir schlechter performen, uns schlechter im Berufsleben einbringen und sogar weniger verdienen. Und wie sieht es mit den Beziehungen aus? Menschen tendieren dazu, mehr über negative Erfahrungen als über die positiven mit ihren Mitmenschen zu sprechen – denn wir erleben sie meist intensiver. Angestachelt durch die negativen Stimmen, tendieren Menschen dazu, ihre Konversationen mit anderen Mitmenschen von diesen Erfahrungen einnehmen zu lassen – auf der Suche nach Lösungen und deren Unterstützung. Du kannst dir sicher vorstellen, dass diese einseitigen Konversationen auf Dauer zu Einsamkeit und Isolation führen kann.
Aber genug der schlechten Nachrichten! Denn unsere innere Stimme bietet zahlreiche Chancen, um unser Leben erfüllter und glücklicher zu führen. Und darauf wollen wir uns konzentrieren. Denn es geht nicht darum, dass wir zukünftig keine kritischen Dialoge mehr mit uns selbst führen wollen – denn dadurch haben wir auch die Chance auf Wachstum und Veränderung. Es geht darum, dass wir uns davon nicht einnehmen lassen. Und uns in Situationen, in den wir merken, die innere negative Stimme nimmt überhand, davon lösen zu können.
Du hast sicherlich schon mal von Studien im medizinischen Bereich gehört, bei denen die eine Hälfte der Probanden ein zu testendes Medikament verabreicht bekommen, und die andere Hälfte ein Placebo-Medikament. Ziel einer solchen Studie soll sein zu beweisen, dass das Medikament wirkt. In seinem Buch “Chatter” berichtet Ethan Kross von einer Studie zu Heilung von Parkinson, bei der beide Probandengruppen die identische Wirkung gezeigt haben – obwohl die eine Gruppe unwissentlich ein Placebo-Medikament verabreicht bekommen hatten. Ähnliches wurde auch bei Forschungen zur Schmerzlinderung und bei der Behandlung von Depressionen durchgeführt. Mit den gleichen Ergebnissen. Diese Tatsache zeigt ganz deutlich, welche Macht und Auswirkung unsere Gedanken und unsere Erwartungen auf uns und unseren Körper haben. Denn die Probanden waren allesamt in der Erwartung, dass sich ihre Situation bessert – und genauso ist es eingetroffen. Ein positives Mindset beeinflusst also unsere physische und psychische Gesundheit.Wenn wir also an etwas Glauben oder davon überzeugt sind, werden unsere Erwartungen geformt – welche dann mit höherer Wahrscheinlichkeit reel werden. Natürlich gibt es hier Grenzen. Ich bin aber überzeugt davon, dass ein positiver Mindset dazu führt, dass wir neben dem gesundheitlichen Aspekt auch sämtliche Situationen in unserem Leben besser meistern können.
Aber wie schaffe ich es, meinen inneren Dialog positiv zu beeinflussen?
Hier gibt es laut Ethan Kross viele verschiedene Möglichkeiten. Ich habe dir die Methoden rausgesucht, die bei mir am Besten geholfen haben:
- Ich stelle mir vor, meine beste Freundin wär ein meiner Situation und hätte das Problem, welches ich gerade habe. Und gebe ihr einen Rat dazu. Diese Technik sorgt dafür, dass wir unsere eigene Situation mit mehr Abstand betrachten. Den Rat setze ich dann selbst um.
- In meinem inneren Dialog spreche ich mich mit meinem eigenen Namen und “du” an. Auch hier bekomme ich mehr Abstand zu meinen Emotionen und komme zu besseren Lösungen
- Ich reise in der Zeit und überlege mir, wie ich die Situation in einem Jahr beurteilen würde bzw. welche negativen Emotionen nach einem Jahr noch bleiben werden. Meist komme ich zu dem Entschluss, dass alles gar nicht so schlimm ist wie ursprünglich gedacht.
- In der Natur spazieren gehen. So simpel, und doch so wirksam! Die Zeit in der Natur sorgt dafür, dass unser Gehirn wieder auftanken kann, um unsere inneren Stimmen in Schach zu halten. Übrigens: Ein Naturfilm oder auch das Anhören von Naturgeschäuschen führt zum gleichen Ergebnis. Es muss nicht immer gleich ein langer Spaziergang sein.
Ich hoffe du kannst einige der Tipps umsetzen. Und lass den Kopf nicht hängen, wenn die innere Stimme doch mal wieder gewinnt. Beim nächsten Kampf wirst du sicherlich der Sieger sein.